
Nordrhein-Westfalen und Fraunhofer IAIS erproben KI-Einsatz bei der Steuerfahndung
Die Landesregierung treibt den Einsatz Künstlicher Intelligenz auch bei der Bekämpfung von Terrorfinanzierung voran. Das Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität (LBF NRW) hat jetzt eine Forschungskooperation mit dem renommierten Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme IAIS geschlossen, um einen eigenen KI-Prototyp zur Auswertung digitaler Beweismittel zu entwickeln. Die Mittel für das Pilotprojekt stammen aus dem Maßnahmenpaket zu Sicherheit, Migration und Prävention der Landesregierung, welches nach dem Terroranschlag von Solingen im vergangenen Jahr beschlossen wurde.
„Ziel der Forschungskooperation ist es, das Durchsuchen von digitalen Asservaten drastisch zu beschleunigen“, erklärt Minister der Finanzen Dr. Marcus Optendrenk. „In sichergestellten Datenmassen diese eine verdächtige Transaktion zu finden, die uns auf die Spur der Täter bringt, ist bisher langwierig und fordernd für unsere Fahnderinnen und Fahnder – bald wohl nicht mehr. Die Künstliche Intelligenz, die wir in den Einsatz bringen werden, durchkämmt Terrabytes an Daten effektiv und gibt den Expertinnen und Experten des LBF NRW wichtige Hinweise, wo ihr geschulter Blick lohnt.“
Die KI-Software soll das digitale Beweismaterial filtern, welches das LBF NRW bei Durchsuchungen auf Datenträgern sicherstellt. Basis wird ein sogenanntes Retrieval-Augmented-Generation-System sein, welches unterschiedliche Dateiformate im doppelten Sinne übersetzt: Inhalte in anderen Sprachen werden ins Deutsche übertragen, aber auch Bilder und Audioformate in Textform umgewandelt.
Federführend für die Forschungskooperation beim Fraunhofer IAIS ist Prof. Dr. Christian Bauckhage, anerkannter Informatik-Experte mit einer 20-jährigen Erfahrung in der Forschung zu Künstlicher Intelligenz und deren praktischer Anwendung. „Das KI-System, welches wir mit dem LBF NRW entwickeln wollen, kann zum Beispiel Fotos von Rechnungen auch als Rechnung erkennen und anzeigen. Die Umwandlung aller Dateiformate in eine Textform führt dazu, dass der Ermittler oder die Ermittlerin sozusagen mit den Asservaten chatten und Fragen dazu stellen kann“, erklärt Prof. Dr. Bauckhage. „So gibt die KI der Steuerfahndung die Möglichkeit, sich rasch und zielgerichtet auch durch große Datenmengen zu arbeiten und speziell die Verdachtspunkte aufzudecken, die auf Transaktionen zugunsten der Terrorismusfinanzierung hinweisen.“ Er ist Informatik-Professor – spezialisiert auf intelligente lernende Systeme – an der Universität Bonn sowie Lead Scientist für Maschinelles Lernen am Fraunhofer IAIS. Zudem ist er Direktor am Lamarr-Institut für Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz, der nordrhein-westfälischen Adresse für Spitzenforschung im Bereich Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen.
Im Rahmen der Kooperation entwickelt das Fraunhofer IAIS gemeinsam mit den Fachleuten des Landesamtes zur Bekämpfung der Finanzkriminalität den KI-Prototyp, implementiert diesen und dokumentiert den Testeinsatz. Die Zusammenarbeit ist auf sechs Monate angelegt.
Minister Dr. Optendrenk: „Unser Ziel in diesem Projekt ist es, verdächtige Geldströme aufzudecken und abzubinden, die der Finanzierung von Terrorismus dienen könnten. Wir haben in Nordrhein-Westfalen erleben müssen, wie real und immens die Bedrohung durch den Terror ist. Die Spur des Geldes kann uns zu dessen Wurzeln führen – diese Chance werden wir mit allen modernen Möglichkeiten der Fahndungsarbeit nutzen, um unsere Gesellschaft wirksam zu schützen.“