Die 180-Grad-Öko-Wende

Die 180-Grad-Öko-Wende

Nur wenige Monate vor dem eigentlichen Baubeginn gibt es ein neues Energiekonzept für das geplante RZF-Gebäude in Kaarst. Geothermie ist ein wichtiger Bestandteil davon. Die Energie aus der Erde, die Fachleute auch als eine der Kerntechnologien der Wärmewende bezeichnen, steht sinnbildlich für die Abkehr von fossilen Brennstoffen. Ein Zeichen, dass die Verantwortlichen unbedingt setzen wollten. 

 

Wie kam es zu der Wende bei der Energieversorgung des neuen Gebäudes? Wer hat dabei die Fäden gezogen?

Das ursprünglich geplante Konzept mit einem gasbetriebenen Blockheizkraftwerk (BHKW) war bereits sehr gut und passte hervorragend zur Liegenschaft. Man muss wissen, dass solch eine Technik eine enorm hohe Effizienz hat. Die entstehende Wärme hätte nicht nur unseren Wärmebedarf abgedeckt, sondern auch eine Turbine angetrieben, so dass wir eine hohe Eigenstromerzeugung gehabt hätten. Der Nachteil ist aber, dass wir Energie benutzen, die heute, sechs Jahre nach der Planung, eine völlig andere Bewertung genießt. Durch den Krieg gegen die Ukraine ist Gas kritisch geworden und durch die fortschreitende Klimaentwicklung ist das aus diesem fossilen Brennstoff entstehende CO2 ein großes Thema. Die Vermieterseite hat das noch einmal überprüft und uns als Mieter vorgeschlagen, oberflächennahe Geothermie als Primärenergieträger zu nutzen. Es geht dabei auch um die bestmögliche Gebäudezertifizierung. Und vermutlich haben die geplanten Regelungen der Politik in Bezug auf die Energieversorgung diese Kehrtwende auch unterstützt.

Was kostet uns das und welche Nachteile gibt es?

Die Kosten für die Umsetzung des neuen, alternativen Konzepts liegen im einstelligen Millionenbereich. Das sind die Planungskosten, Erdwärmebohrungen, Installation von Rohren. Und zusätzliche Maschinen werden außerdem benötigt. Dann verlängert sich die Bauzeit um zirka zwei Monate, mit Auswirkungen auf die Finanzierungskosten. Vielleicht ist diese Verzögerung aber noch aufzuholen. Dennoch: Wir können es uns nicht leisten, dass die Presse nachher schreibt, wir hätten 900t CO2 pro Jahr einsparen können. Es geht schließlich um klimapolitische Ziele. Es war der allerletzte Zeitpunkt, vor dem Baubeginn so etwas Wesentliches zu verändern.

Wie kommen Sie auf eine Einsparung von 900t CO2 im Jahr?

Die Berechnung basiert auf Studien. Es sind Nutzungsprofile für das Gebäude erstellt worden: Wann ist die Kantine stark frequentiert? Wann sind die meisten Menschen im Büro? Und noch einige andere Szenarien mehr. Darauf wird dann eine Lastberechnung gemacht, mit dem Ergebnis dieser genannten CO2 Einsparung. Und bei einem Mietvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren ist das eine große Menge.

Wie fällt der Vergleich bei technischer Betrachtung zwischen dem alten Konzept und dem neuen aus?

Man kann es nicht richtig vergleichen. Es ist eine völlig andere Betrachtungsweise. Bei der Geothermie und den dahinterliegenden Wärmepumpen kommen wir nicht auf dieselbe Leistung des BKHWs. Deshalb haben wir in der Liegenschaft auch das gesamte Lüftungskonzept umstellen müssen. Das System ist sehr komplex. Im Sommer holen wir die Kälte aus der Erde, im Winter die Wärme. Und dieser unter der Erde befindliche Temperaturhaushalt muss ausgeglichen sein und bleiben. Wir werden, auch aufgrund der hervorragenden Dämmung des Gebäudes, eher einen höheren Kälte- als Wärmebedarf haben. Gerade, wenn wir an die Klimatisierung, die Kühlung der Rechnersäle denken. Da, wo die Geothermie nicht ausreicht, müssen wir konventionelle Kältemaschinen zur Klimatisierung einsetzen. Oder auch im anderen Fall: Wenn es im Winter knackig kalt wird, müssen die Spitzenlasten von einem Heizkessel übernommen werden. Das schafft die Geothermie-Wärmepumpentechnik nicht.

Nur fehlt uns jetzt die Turbine des BHKWs, mit der wir den dafür benötigten Strom hätten erzeugen können.

Den Strom kaufen wir wie heute vom BLB ein, zu einhundert Prozent aus erneuerbaren Energien. Dann haben wir als i-Tüpfelchen eine Solaranlage auf dem Dach, die jetzt im Zuge des neuen Konzeptes auch größer geplant wird. Schlagwortartig zusammengefasst kann der Wechsel beschrieben werden mit: Weg von der Primärenergie Gas, hin zu Ökostrom.